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Taganga – 5 Tage in der Hängematte…

…müssen auch mal sein, dachte ich mir und stand nur noch auf, um mir eine kalte Cola aus dem Gefrierfach zu holen oder die Verdaute hinweg zu bringen. Mein vorübergehendes Zuhause war Taganga, Kolumbiens wohl populärstes Fischerdörfchen. Mit baumelnden Beinen lernte ich hier ein wenig Spanisch, schrieb etwas und las einen zwei Wochen alten Spiegel. Titelblatt: „Die Scheinheiligen – Die katholische Kirche und der Sex“. Irgendwie nähert sich das Blatt immer mehr der Ausgabe einer Bildzeitung für „Intelligente“ oder solche, die es gerne wären. Dennoch, der Unterhaltungseffekt war großartig. Und die Parallelen zur „Scheinheiligkeit“ meiner allernächsten Umgebung ebenso. „400 Dollar haben sie mir abgenommen.“, meinte der Britte neben meiner Hängematte. „Da hast Du aber Glück gehabt! Ich hab 500 Dollar gelassen.“, darauf der US-Amerikaner. Der eine ist Architekt, der Andere Designer. Beide kann man getrost der englischsprachigen, gehobenen Mittelklasse zuordnen. Wie viele Traveller, sind sie angereist, um Kolumbiens Marihuana und Kokain im Partyrausch zu erleben. Wie viele andere Traveller verbringen sie die Tage im Bett und die Nächte auf den Straßen der Touristen-Metropolen. Und kaum Einer ist unter ihnen, der die Bekanntschaft mit der Poli-heiligkeit noch nicht gemacht hat. Deren Mitglieder sind nämlich nicht nur großartige, amerikanisch ausgebildete Polizisten in schicken Uniformen. Nein – und an dieser Stelle muss ich mein bisher vermitteltes Bild korrigieren – es sind auch maßlose korrupte Touristenjäger. Die Storys der Traveller ähneln sich alle. Alle Reisenden wurden am Strand mit einer oder beiden Nationaldrogen erwischt. Dabei hat sie entweder der vertickende Dealer verpfiffen. Oder die Kollegen von der Aufsicht warteten schon um die Ecke. Dabei ist der Stoff einfacher und schneller zu besorgen, als jedes andere Konsumgut in diesem Land. Kein Schuhputzer, kein Straßenfeger, der nicht ein Klümpchen in der Tasche hat, um einen kleinen Deal mit einem Touristen zu machen. Ich glaube, wenn die kolumbianische Polizei nur wollte, könnte sie täglich ein tausendzelliges Gefängnis mit Drogendealern füllen. Und jährlich ein 5-tausendzelliges mit englischsprachigen Touristen. Doch wer sollte das bezahlen? Und was für einen internationalen Aufschrei gebe das…? Kolumbianische Gefängnisse gefüllt mit tausenden westlichen Touristen… tststs…

Taganga

Dabei gibt es mehr Polizisten, als Briefkästen an den Häusern. Merkwürdiger Weise habe ich nur bisher noch keinen Einzigen mit einem Spürhund gesehen. Und entgegen dem staatlichen Interesse, ist das Verlangen eines Kleinpolizisten einen Touristen zu fangen ungemein groß! Erst Gestern haben mir die kolumbianischen Freunde und Helfer bei meinem Abendspaziergang tatsächlich – und das wirklich absolut grundlos – in die Unterhose gespäht! Und so skrupellos und allgegenwärtig wie die Polizei, ist auch die Mafia. Neulich wurde, wie schon so oft, unser Bus gestoppt und von Drogenjägern kontrolliert. Danach gab mein Hintermann, wohl ein Vorbote, am Telefon durch: „Passt auf im Bus nach Santa Marta! Sie kontrollieren!“. Zwar handelt es sich bei solchen Aktionen ganz offensichtlich nur um „kleine“ Geschäfte. Doch zumindest diese könnte man doch in den Griff bekommen – wenn man nur wollte. Fragt sich nur, was man denn lieber will? Zum Beispiel glückliche, Geld bringende Touristen? Und zu deren Glück heißt es dann am Abend auch nur: „Dont smoket at the beach!“? Und nach „Einlösen des Strafzettels“ gibt’s den Stoff in der Regel wieder zurück! …denn: wie sollten die Polizisten auch deren Besitz ohne Festnahmen rechtfertigen…?! Armes Kolumbien. Deine Farbe bröckelt. Und ich muss aus der Hängematte…

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