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Puerto Madryn – Ein Glattwal und kein Glück

Die ganze Rückfahrt über habe ich mich gefragt, was mich geritten hatte, diesen Trip zu buchen?! Ok, mein Traum, mit den Glattwalen zu tauchen hatte sich nach Kenntnisnahme der örtlichen Naturschutzregeln in Luft aufgelöst. Und ein Tauchgang mit den See-Elefanten sollte über 100 Euro kosten. Dennoch: Hätte eine Bootstour zu den Walen nicht ausgereicht?

So kickte mich an diesem Morgen ein Hitzeschock aus meinem Halbschlaf noch bevor ich in dem Minibus vor meinem Hostel Platz genommen hatte. Das Platz nehmen fiel auch nicht leicht, denn zuerst musste ich meinen Platz finden! Ich versuchte die für mich reservierte Stelle zu erspähen. Scherzend schlug ich vor zu fahren, denn auch ein Fahrer fehlte. Doch leider schob sich auch dieser als gleich in den Bus und verwies mich auf einen Spalt in der hinteren linken Ecke des Vehikels. Mein Körper zögerte, als wollte er mir ein Zeichen geben, als flehte er mich an! Doch ungenutzt ließ ich auch die letzte Chance auf einen Rückzug verstreichen und gab ihm Befehl dem Kommando des Busfahrers Folge zu leisten. Eingeklemmt neben einem raumfüllenden Schweizer spähte ich aus dem Fenster – welches sich zwar nicht öffnen ließ, aber immerhin Aussicht versprach.

Als sich die Sardinendose in Bewegung setzte, sank meine Laune aufs Neue. Die ersten Worte, der vielleicht 20-jährigen Touristenführerin, hatte ich zwar noch mitbekommen. Doch schon nach wenigen Metern, wir hatten Puerto Madryn noch nicht verlassen, überlagerte jeglichen Inhalt ihrer Kommentare das schrille Pfeifen der Klimaanlage. Lediglich der lang gezogene, gekünstelte Unterton ihrer Stimme, welcher einzig und allein die Message transportierte: „Ich mache das jeden Tag und ihr langweilt mich zu Tode!“, drang monoton säuselnd in mein Ohr.

Nachdem wir den Parkeingang zur Halbinsel Valdés passiert hatten, blickte ich neugierig aus dem Fenster. Jetzt befand ich mich in einem Naturreservat, nun musste es ja irgendetwas zu sehen geben! Aber nein, draußen erstreckte sich die gleiche öde Landschaft, wie schon hunderte Kilometer zuvor links und rechts der patagonischen Landstraße. So eindrucksvoll wie sich die Anden im Westen Patagonien erheben, so flach und leer wirkt die Steppe im Ostteil des Landes – und Valdés entpuppte sich als eine einzige langweile Fortsetzung dieser.

Gen Mittag erreichten wir Puerto Pirámides und das Highlight meines Tages nahm seinen Lauf. Ich, die Sardinen aus meiner Büchse und 40 Weitere stachen mit einem Motorboot in den Golfo Nuevo. Ziel der Aktion war es eine Schule Glattwale zu beobachten. Backpacker aus meinem Hostel hatten von 20 Exemplaren am Vortag berichtet, auch Orcas soll man gesehen haben. Auf uns wartete ein einziger Babywahl. Aber egal, seine Größe von 8 m Länge machte Eindruck. Wenn auch nicht gleich, denn es dauerte ein Weilchen, bis ich ihn zu Gesicht bekam. Der Kapitän hatte zwar Kommando gegeben, dass alle an ihrem Platz zu bleiben haben und er das Schiff mal links, mal rechts dem Wal näher bringen würde… doch solchen Anweisungen gegenüber erwiesen sich die Sardinen als resistent. Kaum nährten wir uns dem Wal Steuerbord, bildete sich auf der rechten Seite des Schiffes eine Mauer. Ich stand Backbord und traute mich nicht die Seite zu wechseln – als wäre ich der einzige Ballast, der das Boot am kentern hindern würde. Plötzlich löste sich die Mauer und man machte mir Luft. Höflich dankbar wechselte ich die Seite, doch zu sehen gab es nichts mehr. Der Wal war unter dem Boot hindurchgetaucht. Als ich dies bemerkte, war es für einen erneuten Seitenwechsel bereits zu spät. Die Mauer stand schon wieder. So und ähnlich setzte sich das Spiel fort, bis wir nach einer Stunde an den Strand zurückkehren mussten.

Den Rest des Tages tuckerten wir weiter über das Ödland. Einmal hielten wir an, weil es etwas zu sehen gab, angeblich einen Vogel. Genau weiß ich es nicht, denn ich saß mal wieder auf der falschen Seite des Fahrzeuges. Desweiteren stoppten wir an zwei Parkplätzen. Auf dem einen schnüffelten 3 Magellan-Pinguine an einer Absperrung. Von dem anderen aus, war eine Kolonie See-Elefanten zu beobachten. Die Tiere lagen in 30 m Entfernung faul auf dem Küstenkies, wie Weißwürste auf dem Grill, wenn sie noch Stunden brauchen, bis sie gar sind.

Zurück in Puerto Madryn, einer zubetonierten argentinischen Touristenburg mit einem zwar idyllisch gelegenen aber von Mief überzogenen Sandstreifen, packte ich meine Sachen und ergriff die Flucht.

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Da er langsamer ist, als andere, war der Southern Right Whale der „Richtige“ für Walfänger…
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Rückblickend muss ich gestehen, war es doch ein ganz netter Tag. So nah hab ich noch nie einen Wal zu Gesicht bekommen. Und was die mehrstündige Bustour über die Insel angeht… nun ja, ich habs überlebt, im Gedächtnis bleibt der Wal – und aufregende Tage liegen ja auch noch viele vor mir…

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