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Trigana – Out in Paradise

Nord- und Südamerika sind durch eine schmale Landbrücke verbunden. Bekannt ist der Isthmus als ein beliebter Pfad von Drogenschmugglern. Dazu war er bis vor wenigen Jahren auch noch Kampfgebiet der FARC. Als Erbe der Auseinandersetzungen ist eine hohe Zahl an militärischen Stützpunkten verblieben. Sumpfig und von dichtem Regenwald überzogen, war es bisher nicht möglich eine Verbindungsstraße zwischen Kolumbien und Panama zu bauen. Vielleicht hatte Panama, aus Angst vor einer Kokainwelle aus dem Nachbarland, daran bisher auch noch gar kein Interesse. Wie dem auch sei, was man am Isthmus von Panama nicht vermutet sind Naturschutzgebiete, Hostels, Bars und Restaurants. Dementsprechend überrascht war ich, als ich eben genau solche in idyllischer Umgebung vor fand.
Das man Panama von Kolumbien aus per Boot erreichen kann, hatte mir ein Franzose erzählt. Auf seine Empfehlung hin, hatte ich mich in die Küstenstadt Turbo begeben. Als ich Morgens am Hafen eintraf, verlor Brasilien gerade gegen Holland. Einträchtig beteten kolumbianische Touristen, Hafenarbeiter und Snackverkäufer gemeinsam vor einem Flachbildschirm. Ich zeigte Verständnis, beobachtete die Menge aus der Ferne und sicherte mir als Ein-Mann-Schlange einen Platz im Boot. Wie schon so oft in diesem Land, schien mein Antlitz, als einsamer Reisender, bei den Kolumbianer blankes Unbehagen auszulösen. Laut Spielstand waren gerade einmal fünf Minuten vergangen als Mario mir bereits seine Familie vorgestellt hatte: Frau Imena, Tochter Sophia und Mutter Maria-Luise umringten mich neugierig. Bei Minute 15 hatten mich bereits alle 4 eingeladen, das Wochenende mit ihnen zu verbringen. Freudestrahlend nahm ich an. Die Familie hatte eine Finca unter Palmen gebucht. Für mich war ein Dachboden in einem Stelzenhaus frei, nach zwei Seiten offen und im Osten mit Blick aufs Meer.

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An jedem Morgen wurde ich so Zeuge eines pinkfarbenes Spektakels, das Himmel und Ozean zu einer triefend romantischen Einheit verschmelzen ließ. Die darauf folgenden Spaziergänge am Strand sowie die Wanderungen durch den angrenzenden Wald ließen die Tage verfliegen. Wir badeten in Wasserfällen und Flüssen, kämpften uns durch dichtes Grün und erklommen Aussichtspunkte. Dabei entpuppte sich Mario als ein echter Naturfreak. Kaum ein Tier, Baum, Strauch oder Insekt war auszumachen, dessen Namen er nicht zu benennen wusste. Alles was der Wald an essbaren Früchten zu bieten hatte, musste ich probieren. Kein Ast war dem Kolumbianer zu hoch, kein Busch zu stachlig und kein Bach zu tief, um ein Exemplar einer jeder Frucht zu ergattern und vorführen zu können. Ich probierte Carambolo, Ciruela, Kaki, Zapote,Guayaba, Almendras, Margñon, Guamas, Churimas und viele weitere seltsame, einheimische Leckerbissen, deren Wohlgenuss ich mir – mit Respektive auf Marios Aktionismus – nicht in Frage zu stellen traute. Meterlange, farbige Leguane raschelten über uns durch Baumkronen, Affen grüßten jauchzend durchs Blattwerk, Papageien krächzten und Heerscharen an Mariposas flatterten vor uns auf und nieder.

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Ganz diesen Reizen unterlegen, konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren Teil eines unberührten Paradieses zu sein. Kontrastiert wurden unsere Naturerlebnisse nur durch einen alten Mann, der mit einem Transistorradio bewaffnet den Strand auf und ab marschierte und dem Weltgeschehen lauschte. Als das Eins zu Null gegen Argentinien fiel, kroch gerade ein megabunter Leguan an Land. An den Abenden huldigte das kleine Fischerdorf Trigana die Kraft des Feuers; es lud zur „Fiesta de fuego“ ein, einem Fest im Fackelschein. In Trachten gehüllte Männer, Frauen und Kinder führten traditionelle Tänze vor, während Akrobaten als Fabelwesen verkleidet, sich kunstvoll durch die Luft schwangen. Den Gipfel erreichte die musikalische Farbschlacht als eine feuerheiße Schöne in goldenem String tanzend einen muskelprotzenden Wassermann besiegte. Wie der betonten Stimme einer Ansagerin zu entnehmen war, stammten viele der Darsteller aus San Francisco. Wie ich später erfuhr, allerdings einem San Francisco ohne sieben Hügel, welches dafür aber nur von 200 Seelen bewohnt wird und rund einen Kilometer südlich von Trigana liegt. Ganze Armeen von Cocuyos (auf Deutsch Glühwürmchen, aber ich mag den spanischen Namen so sehr) leuchteten uns täglich den Weg zurück ins Camp.
Am letzten Nachmittag fanden Mario und ich am Strand ein großes Surfbrett, auf dem wir beide bequem liegend Platz fanden. Wir legten uns rückwärts darauf und ließen uns von den Wellen durch die Bucht treiben. Über uns kreisten Pelikane. Ab und zu fielen sie wie Steine neben uns ins Wasser, um nach Fischen zu schnappen. Während sich die Sonne am wolkenlosen Himmel verbrannte, strahlte uns vom Ufer saftiges Dschungelgrün entgegen. Am Strand trotteten zwei dickbäuchige Reiter in weißen T-Shirts auf ihren Caballos vor sich hin. Das sind „Narco-Trafficker“, Drogenschmuggler, raunte mir Mario leise zu. Was? Wieso? Wie kommst Du darauf?, wollte ich gleich wissen. „Das sieht man,“, antwortete er mir ganz ruhig, „wenn man Kolumbianer ist, erkennt man das.“.

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Huevos de Rana“, Froscheier auf einem Baumblatt.
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Posted in Kolumbien.

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One Response

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  1. Luisa María says

    Guten Tag Dominik!
    Ich bin Luisa María Zapata, das Triganá-Mädchen, wenn Sie sich erinnern. Ich hoffe, Sie sind sehr gesund und genießen Ihre Reise.
    Ich habe viel von Ihren Abenteuern gelesen, und es ist schön, sehr schön wirklich alles, was Sie erzählen, Ihre Vision zu allem.
    Es war schön Sie kennengelernt zu haben, obwohl es war nur ein bisschen!
    PS: Ich hoffe, Sie entschuldigen die schlechte Übersetzung meiner Sprache, aber wie Sie verstehen werden, ich werde nicht mit Ihrer Sprache fertig, jajaja.